Aktuelles
25.05.2018
Lifegrabbing – Ökonomisierungen von Mensch und Natur
Workshop mit
- Referent*innen
- Filmen
- Diskussion
22. bis 24. Juni 2018
in Strausberg (bei Berlin)
mit Übernachtungsmöglichkeit und Vollverpflegung
Veranstalter: lifeKritik e.V.
in Kooperation mit Gen-ethisches Netzwerk e. V.
und Verein für Internationalismus und Kommunikation e. V.
Lifegrabbing – Ökonomisierungen von Mensch und Natur
Ein Workshop zur Kritik der roten und grünen Bioökonomie, ihrer Unterschiede und Zusammenhänge
Das Verhältnis der Menschen zu sich selbst und ihrer Umwelt ist immer schon ein gesellschaftlich bestimmtes und es verändert sich kontinuierlich. Die seit rund zehn Jahren weltweit eingeführten Strategien zur Förderung der sog. Bioökonomie stellen eine solche Veränderung dar, wobei sie den Zugriff auf Mensch und Natur weiter intensivieren.
Kern des Konzepts der Bioökonomie ist das Eröffnen neuer Ressourcenquellen durch die Nutzbarmachung und Erzeugung regenerativer Rohstoffe. Durch den Zugriff auf Natur und den menschlichen Körper sollen so neue Märkte geschaffen und zugleich der destruktiven Vorstellung von unbegrenztem Wachstum neues Leben eingehaucht werden. Dabei handelt es sich um eine umfassende, auf die unterschiedlichsten Wirtschaftssektoren zielende Strategie (Energie, Verkehr, Landwirtschaft, Medizin, Chemie, ...), die weitreichende, geradezu utopische Ansprüche formuliert und eine bessere Welt verspricht.
Bei der Bioökonomie handelt es sich jedoch keineswegs um eine Ökologisierung der Ökonomie, sondern vielmehr um die forcierte kapitalistische Ökonomisierung alles Lebendigen unter einem grundlegend gewandelten Naturverständnis. Pflanzen, Tiere, Mikroorganismen und letztlich auch der Mensch werden in der Bioökonomie zu Naturkapital und zu Bio-Fabriken zur Herstellung von »Biomasse«. Die damit verbundene Effizienzsteigerung in der Nutzung natürlicher Ressourcen und des Menschen durch den Einsatz »innovativer«, insbesondere gentechnologischer Verfahren soll das gewünschte ökonomische Wachstum garantieren. Gesprochen wird in diesem Zusammenhang von »synthetischer Biologie«, einer Biologie, die den Eingriff und die Kontrolle über das Leben optimieren soll.
Bioökonomie forciert über die Intensivierung der Agrarwirtschaft sowie Land- und Oceangrabbing die Zerstörung von Subsistenzwirtschaften und der natürlichen Ökosysteme. Damit gefährdet sie die Ernährungssicherheit im globalen Süden, führt zu Vertreibung und neuen Abhängigkeiten. Postkoloniale Ausbeutungsverhältnisse werden verschärft und Hochrisikotechnologien machen die Biosphäre für den Profit der mächtigen Life-Science-Konzerne zu einem Versuchsgelände mit unabsehbaren Folgen wie Vergiftung, Artensterben, Resistenzen von Krankheitserregern, Seuchen ...
Das abstrakte biologisch-genetische Verständnis der Bioökonomie von Leben hat u. E. auch weitreichende Auswirkungen auf das Verständnis des Menschen von sich selbst. Die Reduktion des Menschen auf ein mit Mängeln behaftetes genetisch-biologisches System macht zunehmend auch menschliche Körper zu technisch optimierbaren Humanressourcen. Längst sind Märkte für Organe, Samen, Eizellen und mittlerweile auch Kinder entstanden, die entlang sozialer, postkolonialer und rassistischer Spaltungslinien strukturiert sind, und Selektionstechnologien wie die Pränataldiagnostik haben sich etabliert.
Wir sehen die Bioökonomie als eine Verschärfung der Machtzugriffe, von der Verschärfung postkolonialer Ausbeutungsverhältnisse über die Neuausrichtung sexistischer Zugriffe auf Frauen und ihre Leiblichkeit bis hin zu einem grundlegenden Umbau des gesellschaftlichen Naturverhältnisses im Sinne der Ausweitung der Kapitalzugriffe und einer verschärften Inwertsetzung.
Wie dies funktioniert im Bereich der roten und der grünen Bioökonomie, wie rote und grüne Bioökonomie zusammenhängen, wo Unterschiede und Widersprüche liegen und wo sich Ansatzpunkte für Widerstand gegen das bioökonomische »Lifegrabbing« ergeben, wollen wir in diesem Workshop zu verstehen versuchen und diskutieren.
Ablauf
(Kaffee-, Rauch- und andere Pausen nach Bedarf!)
Freitag, 22. Juni 2018
19:00 Ankunft / Abendessen
20:00 Themenblock: Austausch / Interesse
- Kurzvorstellung lifeKritik e. V.
- Vorstellung der TeilnehmerInnen
21:00 Film
Samstag, 23. Juni 2018
9:00 Frühstück
10:00 Themenblock: Bioökonomie, Stand der Entwicklung, Kritik
- Einleitung (lifeKritik e. V.)
- Grüne Bioökonomie: Thomas Fatheuer, FDCL e. V. –Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika
- Rote Bioökonomie: Erika Feyerabend, BioSkop e. V. – Forum zur Beobachtung der Biowissenschaften und ihrer Technologien
13:30 Mittagessen
15:00 Themenblock: Bioökonomie, Stand der Entwicklung, Kritik
- Fortsetzung der Diskussion der Beiträge vom Vormittag entlang von Thesen zur Zusammenführung der Kritik an grüner und roter Bioökonomie
17:00 Themenblock: Vertiefung und Konkretisierung
- Bioökonomie und die Ökonomisierung des Subjekts: Jörg Djuren, lifeKritik e. V.
19:00 Abendessen
20:30 Film
Sonntag, 24. Juni 2018
9:00 Frühstück
10:00 Themenblock: Vertiefung und Konkretisierung
- Biökonomie und die Ökonomisierung der Natur: Kai Kaschinski, lifeKritik e. V.
11:30 Themenblock: Zusammenführung und Ausblick
- Zusammenführung der Kritik von roter und grüner Bioökonomie: Parallelitäten, Unterschiede, Widersprüche, Zusammenhänge
- Kurzvorstellung Readerprojekt (lifeKritik e. V.)
- Open Space für alle Teilnehmer*innen
13:30 Mittagessen
danach Abfahrt (für alle, die schon weg müssen)
oder
Ausstellungsbesuch »Food Revolution 5.0. Gestaltung für die Gesellschaft von Morgen«
im Kunstgewerbemuseum Berlin, Matthäikirchplatz, 10785 Berlin
(für alle, die noch Zeit und Interesse haben)
Anmeldung & Infos
Der Workshop ist offen für interessierte Teilnehmer*innen,
die sich kritisch mit der Bioökonomie auseinandersetzen wollen.
Anmeldung
bitte bis spätestens 08.06.2018 an: info@lifekritik.de
Bei der Anmeldung bitte angeben:
– Personenzahl,
– besondere Essenswünsche (vegan, Allergien),
– ob Übernachtungsmöglichkeit benötigt wird,
– ob eine Kinderbetreuung benötigt wird.
Zeitraum
Fr, 22.06.2018, 19:00 Uhr, bis So, 24.06.2018, 13:30 Uhr
Kosten
Die Teilnehmer*innen müssen einen Kostenbeitrag von 40 Euro für die Verpflegung (bio, vegetarisch/vegan) leisten und ihre Fahrtkosten selbst tragen. Übernachtungsmöglichkeiten (Zweibettzimmer) stehen kostenfrei zur Verfügung.
Der Eintrittspreis für die Ausstellung im Kunstgewerbemuseum muss selbst bezahlt werden.
Ort
Strausberg bei Berlin (Anfahrtsbeschreibung nach Anmeldung; die Anreise von Berlin Hbf mit dem ÖPNV dauert ca. 1 Stunde).
Der Tagungsort ist leider nicht barrierefrei.